Selbstoptimierung zu welchem Preis?
Immer besser, weiter, höher!
Es gibt viele Gründe, warum Menschen sich selbst optimieren wollen. Einige sind auf der Suche nach mehr Erfolg, finanzieller Sicherheit oder Glück. Andere wollen ihr Leben verändern, indem sie sich selbst insgesamt «besser machen».
Welche Ziele möchten wir durch die Selbstoptimierung erreichen?
1. Verbesserte Leistung: Selbstoptimierung kann dazu beitragen, dass effektiver und produktiver gearbeitet wird, indem Fähigkeiten und Fertigkeiten verbessert werden.
2. Erhöhte Gesundheit und Wohlbefinden: Durch die Optimierung von Ernährung, Bewegung und Schlafgewohnheiten sollen Gesundheit und Wohlbefinden verbessert werden.
3. Erreichen von Zielen: Durch die Festlegung und Verfolgung von Zielen und die Umsetzung von Maßnahmen zur Selbstoptimierung sollen Ziele schneller und effektiver erreicht werden.
4. Bessere emotionale Gesundheit: Selbstoptimierung soll dazu beitragen, dass eigene Emotionen besser verstanden und kontrollieren werden können, was zu einer insgesamt besseren
emotionalen Gesundheit führen soll.
5. Erhöhte Selbstwahrnehmung: Durch Selbstoptimierung sollen eigene Stärken und Schwächen besser erkannt und verstanden werden, was wiederum dazu dient, Ziele besser zu erreichen.
6. Mehr Erfolg: Selbstoptimierung soll dazu beitragen, in Beruf und Karriere erfolgreicher zu sein, indem z.B. soziale und kognitive Fähigkeiten verbessern werden und auf die Erreichung der gesetzten Ziele fokussiert wird.
Allerdings kann eine übermäßige Fokussierung auf Selbstoptimierung auch zu Stress, Angstzuständen und anderen negativen Auswirkungen führen.
In den letzten Jahren haben Forschende die Auswirkungen der Selbstoptimierung auf unsere Psyche untersucht. Eine 2016 durchgeführte Studie der Universität von Michigan hat gezeigt, dass Menschen, die versuchen, sich selbst zu optimieren, ein höheres Risiko haben, an Angststörungen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen zu leiden.
Weitere Studien aus den Jahren 2018 und 2019 haben ergeben, dass Selbstoptimierende ein höheres Risiko für Suchterkrankungen und Burnout zeigen.
Die Forschenden schlussfolgerten, dass Menschen, die sich selbst optimieren, mehr Stress erfahren und somit generell ein höheres Risiko haben, psychische Erkrankungen zu entwickeln. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat ergeben, dass selbst ein erhöhtes Risiko besteht, an einer Essstörung zu erkranken.
Die starke Ausrichtung auf Selbstoptimierung kann also auch starke negative Auswirkungen auf uns haben. Umso wichtiger ist es, eine ausgewogene und gesunde Einstellung zur Selbstoptimierung zu entwickeln und diese als ein mögliches Werkzeug von vielen zur Verbesserung der eigenen Lebensqualität zu betrachten.
Es ist also gut abzuwägen, ob Anstrengungen in Richtung Selbstoptimierung einem wirklich zu dem erstrebten Ergebnis bringen oder ob sie nicht einfach nur zu einer noch längeren to-do-Liste führen und damit ein weiter Stressfaktor im Alltag für uns sind.
Sehens- und lesenswerte Beiträge zum Thema:
- ZDF Doku 37 Grad Die Ich-Vermesser. Selbstoptimierung um jeden Preis? 28 min, vom 18.11.2022
- Podcast auf Sinneswandel.de: Toxische Positivität – ist zu viel Optimismus schädlich? Mit Juliane M. Schreiber über Selbstoptimierung und die Suche nach dem Glück
- The New Yorker: Improving Ourselves to Death. What the self-help gurus and their critics reveal about our times. By Alexandra Schwartz, January 8, 2018
- ARD, W wie Wissen: Weg vom Ego-Trip – Grenzen der Selbstoptimierung 6 min, vom 24.2.21
- Sucht-Magazin: Selbstoptimierung als Ausdruck der Leistungsgesellschaft
2021-1, Jg. 47, S. 4 – 12. Von Prof. Dr. Martin Hafen, Sozialarbeiter und Soziologe, Dozent an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit
Und als Gegenprogramm zur Selbstoptimierung hier noch zwei Tipps zu Lieblingsbüchern:
Katrin Passig / Sascha Lobo
Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
Tom Hodgkinson
Anleitung zum Müßiggang